Buchrezension: Neil Gaiman – Nordische Mythen und Sagen

Neil Gaiman (2017): Nordische Mythen und Sagen (OT: Norse Mythology). Köln: Bastei Lübbe AG. 253 Seiten.

Vermutlich ist jeder, der sich ein bisschen mit Marvel beschäftigt, schon mit nordischer Mythologie in Berührung gekommen. Wir kennen diesen mächtigen Thor mit seinem Hammer Mjölnir. Wir kennen den Allvater Odin, der nur ein Auge hat. Loki ist als Gott der List und des Schabernacks bekannt. Heimdall kennen wir als den Wächter des Bifröst. Diejenigen von euch, die „God of War“ auf der PS4 gespielt haben (oder wie ich noch spielen 😀 ), lernen noch viele weitere interessante Figuren kennen. Nun geht es mir meist so, dass ich von Filmen, Büchern, Spielen oder kurzen Erwähnungen immer wieder angetrieben werde, mehr über eine bestimmte Sache zu erfahren. So erging es mir in den letzten Monaten mit Mythologien im Allgemeinen und mit der nordischen Mythologie im Besonderen. So wurde mir von einer Buchhändlerin Neil Gaimans Buch „Nordische Mythen und Sagen“ empfohlen, das ich zuletzt im Schnelldurchgang gelesen habe.

Darum geht’s

Neil Gaiman, den wir von Büchern wie „Sternwanderer“, „Der Ozean am Ende der Straße“ oder „Coraline“ kennen, ist selbst ein bekennender „Fan“ der nordischen Mythologie. In der Einleitung erfahren wir, dass auch er sich durch eine gewisse Comic-Reihe näher mit der Thematik beschäftigt hat.

In verschiedenen Sagen und Erzählungen erzählt er uns einige der interessantesten Geschichten aus der nordischen Mythologie. Er stützt sich auf die Jahrhunderte alten Worte der Lieder-Edda und der Prosa-Edda[1] und macht daraus Geschichten in seinen eigenen Worten.

Wir erfahren, dass Thor zwar stark, aber auch manchmal… naja, sagen wir im Denken langsam ist. 😉 Wir erfahren, warum Odin sein Auge verloren hat und wie Loki es fast fertig gebracht hätte, dass ein Reifriese die Sonne und den Mond Asgards sowie die schöne Freyja bekommt. Wir lernen die neun Welten kennen und wir lernen, wie die Dichtkunst zu den Menschen kam und was Met damit zu tun hat.

Lokis Kinder und der Met der Dichter

Ohne hier die gesamten Geschichten kopieren zu wollen, möchte ich euch dennoch kurz von zwei meiner liebsten Erzählungen schreiben.

Die erste handelt von Loki, einem nicht nur in den Marvel-Filmen komplizierten und vielschichtigen Charakter. Wusstet ihr, dass Loki, Sohn der Laufey, selber Kinder hatte? Lokis Frau war Sigyn, mit der er zwei Kinder, Narfi und Vali, hatte. Doch auch mit der Riesin Angrboda zeugte Loki Kinder und dazu noch sehr mächtige: Zum einen die Totengöttin Hel, die von Odin dazu bestimmt wurde, über die Toten zu wachen (solche, die unehrenhaft gestorben sind und deswegen nicht nach Walhalla kamen), dann wäre da noch Lokis Sohn, der Fenriswolf und schließlich die Midgardschlange (Jörmungandr), die von Thor während der Ragnarök (der letzten Schlacht) erschlagen werden soll. Da hat Loki ganz schön gefährliche Kinder auf die Welt gebracht! Eins sei noch verraten, denn das waren noch nicht alle Kinder: Es gibt noch ein weiteres Kind, das er, Gestaltenwandler, der er ist, in der Form einer Stute zur Welt gebracht hat.

Eine weitere spannende Sage ist der „Met der Dichter“: Als einst ein Krieg zwischen Vanen und Asen beigelegt wurde, entstand aus dieser Verbindung Kvasir, ein weiser Gott (er entstand aus Spucke. Aber wenn Loki als Stute Kinder gebären kann, dürfte das nicht allzu unglaublich erscheinen 😉). Dieser möchte durch die neun Welten reisen, um den Bewohnern Antworten auf Ihre Fragen zu geben. Er gerät dabei aber in die Hände zweier bösartiger Dunkelalben, die Kvasir schlachteten, um aus seinem Blut Met herzustellen, der denjenigen, die ihn trinken, die Gabe der Dichtkunst verleihen soll. Durch seine Raben erfuhr Odin schließlich von dem Wein und von den vielen Grausamkeiten, welche die Dunkelalben anrichteten und machte sich mit einem Plan auf, um den Met nach Asgard zu holen. Mittlerweile wurde der Met von Gunnlöd, der Tochter eines Riesen, bewacht. Mithilfe einer List gelang es Odin aber, den ganzen Met in einem Zug zu trinken und so nach Asgard zu bringen. In einem Schwall spuckte er dort den Met in ein Fass aus. Jeder, der von ihm trank, wurde die Dichtkunst geschenkt.

Lesbarkeit und Schreibstil

Wie jedes andere Buch, das ich von Gaiman gelesen habe, ist auch dieses wieder hervorragend geschrieben und ins Deutsche übersetzt worden. Neil Gaiman hat die Gabe, so zu schreiben, dass ich immer wieder gefesselt bin von den Worten und den Geschichten. Wie zu Beginn gesagt, konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen! Die einzelnen Erzählungen sind meist recht kurz gehalten, sodass man auch mal mit etwas weniger Lesezeit gut vorankommt.

Ein großes Plus: Hinter den eigentlichen Geschichten gibt es noch einen Anhang, in dem die verschiedenen Personen, Welten, Gegenstände etc. noch einmal alphabetisch aufgelistet sind, sodass man noch einmal eine kurze Erklärung dazu lesen kann, wenn einem die Bedeutung eines der vielen Worte entfallen sollte.

Das Buch sei jedem empfohlen, der sich zur nordischen Mythologie belesen möchte, denn das Buch bietet einen guten Einstieg! Man muss sich also nicht sofort durch eine Jahrhunderte alte Edda durchkämpfen 😉 (Die ich nun natürlich Lust habe, zu lesen, denn es gibt sicher noch weitere spannende Geschichten). Auch für Fans von Marvel und insbesondere Thor und Loki ist das Buch eine wunderbare Empfehlung. Und nicht zuletzt Fans von Neil Gaiman werden sich an diesem Buch und seinem Schreibstil erfreuen können!

Frohes Lesen wünscht
Jacqui

Meine Bewertung im Detail

Handlung ♥♥♥♥♥

Charaktere ♥♥♥♥♥

Sprache ♥♥♥♥♥

Emotionen ♥♥♥♥♥

Gesamt 5/5

[1]Die Edda“ ist der Name der beiden isländischen Werke, die die ursprünglichen nordischen Götter-Sagen enthalten.

6 Antworten auf „Buchrezension: Neil Gaiman – Nordische Mythen und Sagen

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