Vermutlich kennt ihn jeder – den süßen peruanischen Bären mit blauem Dufflecoat und roter Forschermütze, unter der immer ein Orangenmarmeladensandwich zu finden ist. Das ist Paddington, der 1958 erstmals aus der Feder des Briten Michael Bond geboren wurde und sich fortan in vielen Geschichten in die Herzen der Menschen schlich.
2014 gab es die neueste Verfilmung, die den charmanten Bären in den Mittelpunkt stellte. Paul King übernahm die Regie des Films und heraus kam ein zauberhafter Film für Kinder und Erwachsene.
Inhalt
Paddington lebt zu Beginn des Films mit seiner Tante Lucy und seinem Onkel Pastuzo im „dunkelsten Peru“. Sie leben glücklich, produzieren jährlich Orangenmarmelade und das Kurioseste: sie beherrschen sogar die englische Sprache ausgezeichnet! Beigebracht hat ihnen das ein Forscher, der die Bären auf einer Expedition entdeckte. Zurückgelassen hat er ein Grammophon mit Sprachschallplatten, seinen Forscherhut und das Versprechen, dass die Bären in London jederzeit willkommen seien.
Durch ein Erdbeben passiert eines Tages jedoch das Unglück: Pastuzo stirbt und Lucy und ihr Neffe sind auf sich allein gestellt. Lucy schickt den jungen Bären schließlich auf die Reise nach England, wo er sich ein gutes Leben aufbauen soll. Sie ist sich sicher, dass es dort Familien gibt, die ihn liebend gerne bei sich zu Hause aufnehmen. Also macht Paddington sich mit nicht mehr als einem Koffer, dem Hut des Forschers und viel Orangenmarmelade auf den Weg.
Angekommen in London hat er es aber nicht leicht: Die Menschen missachten ihn und seine freundlichen Versuche, in Kontakt zu treten. Erst, als Paddington schon ganz verzweifelt ist, trifft er auf Familie Brown, die ihn nach anfänglichem Widerwillen des Vaters zunächst bei sich aufnimmt. Kurzerhand bekommt der Bär den Namen der Bahnhofstation, auf der er gelandet ist: Paddington.
Paddington muss jedoch feststellen, dass das Leben in dem neuen Land nicht so einfach und fröhlich ist, wie er es sich vorgestellt hatte: Ihm droht die Abschiebung in ein Waisenhaus; Judy, die Tochter der Familie, schämt sich für Paddington; das Wetter ist immer sehr trübe und es fehlt zunächst jede Spur des Forschers, der damals in Peru war. Paddington möchte ihn nämlich unbedingt finden.
Als dann auch noch eine skrupellose Tierfängerin sein Leben erschwert, wird es für Paddington richtig brenzlig…
Paddington – ein Einwanderer
Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich mich recht ausführlich mit dem Film und vor allem Paddington als Charakter beschäftigt. Wusstet ihr eigentlich, dass es sich bei Paddingtons Geschichte um eine Einwanderungsgeschichte handelt?
Auf den ersten Blick scheint dieser Film mit Migration nichts am Hut zu haben. Schließlich geht es um den kleinen, süßen Bären, der seinen Platz in einem neuen Land sucht! Doch wenn wir uns einmal das viele Fell wegdenken und in Paddington Bär ein ganz normales Kind sehen, dann wird die Sache vielleicht schon etwas klarer.
Aufgrund einer Naturkatastrophe und des Todes seines Onkels, muss Paddington Peru verlassen, um in London ein gutes Leben zu führen. Ganz allein, nur mit dem Nötigsten bepackt, steht der junge Bär an der Bahnhofsstation. Er hat die englische Sprache gelernt und versucht, Menschen mit höflichen Floskeln über das Wetter anzusprechen. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass die Menschen ganz fürchterlich beschäftigt sind und niemand Zeit hat, um sich um ihn zu kümmern.
Paddington durchläuft die Stadien eines Menschen, der seine Heimat verlässt und an einem fremden Ort versucht, Fuß zu fassen: Er wird manchmal merkwürdig angeschaut oder anders behandelt, weil er ganz anders aussieht als die anderen Menschen. Er hat Heimweh und vermisst die ihm bekannten Umstände. Gepflogenheiten und Handlungen erscheinen ihm im neuen Land sehr fremd. Zudem wird er auch noch von einer Tierfängerin (gespielt von Nicole Kidman) verfolgt.
Paddington als Symbol
Es könnte jede beliebige Einwanderungsgeschichte sein, doch es gibt auch einen Hinweis darauf, worauf Paddington basiert: Für Michael Bond war Paddington offenbar ein Symbol für die jüdischen Kindertransporte, die von 1938 bis 1939 stattfanden. Zehntausende jüdische Kinder wurden damals, getrennt von ihren Familien, nach England gebracht, wo sie mit einem Schild um den Hals (beschriftet mit Name und Adresse) darauf warteten, dass eine Familie sie bei sich aufnahm. Auch Paddington trägt ein solches Schild um den Hals und auch sein Bärenfell kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er eigentlich ein Kind ist.
Somit wird Paddington zu einem fein ausgearbeiteten Symbol für die damalige und die aktuelle Einwanderung und die oftmals vorherrschende Xenophobie.
Symbolisch ist übrigens auch die Musik, die im Film zu hören ist. Durch den Film hindurch sehen wir immer wieder eine Band, die im Schnee Calypso-Songs spielt. Was auf den ersten Blick fremd anmutet, hat eine interessante Bedeutung: Zu der Zeit, als Michael Bond das erste Buch über Paddington schrieb, gab es die Immigrantengemeinschaft, die sich in Notting Hill – dem Stadtteil, in dem auch Paddington lebt – angesiedelt hat. Diese Menschen brachten genau diese Musik mit, die dem Film schon fast ein karibisches Flair verleiht.
Obwohl Paddington im Film natürlich einige schlimme Dinge wiederfahren, so ist unser Held doch zum Glück ein so optimistischer, lebensfroher und offener Charakter, der langsam Kontakte knüpft und mit seiner charmanten Art jedes Herz erobert. Das Einleben wird ihm damit erleichtert.
Komik, Dramatik und Migration
Der Film ist nicht nur aus der Migrantenperspektive zu empfehlen, sondern auch als Film, in dem gezeigt wird, wie durch den Einsatz von Slapstickelementen, Stummfilmkomik und feinen Wortwitzen ein wundervoller, liebevoller Film für große und kleine Zuschauer geschaffen wurde.
Paddington 2 ist übrigens seit dem 23.11.2017 im Kino zu sehen.
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