Hallo liebe Pusteblumen,
das erste Mal mache ich nun mit bei einem Writing Friday von der lieben Elizzy von readbooksandfallinlove. Und dann ist es sogar gleich ein Special! Wie ihr am Header unschwer erkennen könnt, dreht es sich um Weihnachten und Geschichten rund um das Fest der Liebe.
Bevor ihr hier weiterlest, könnt ihr hier noch das letzte Türchen bei Writing Chills nachlesen!
Hier ist also meine Geschichte, zu der ich gar keine großen Vorworte verlieren möchte. Außer vielleicht, dass mir die Geschichte sehr am Herzen liegt und dass ich sie gedanklich meinen beiden Omas gewidmet habe, obwohl die Geschichte natürlich für jeden von euch ist. 😉 Inspiriert wurde ich vom Lied „Schnee fällt“ von Versengold. Ihr könnt das Lied dazu hören, müsst ihr aber natürlich nicht. Nun aber ganz viel Spaß beim Lesen! ❤
Der 4. Advent
Lächelnd stand sie vor dem Adventskranz. Sie zückte die kleine Schachtel mit den Streichhölzern, fischte mit zittrigen Fingern eines heraus und schloss die Schachtel wieder. Schnell ließ sie das Holz an der Schachtel entlanggleiten und schon schnellte eine kleine Flamme hervor, die sich langsam, Schritt für Schritt, den Weg am Hölzchen hocharbeitete. Sie hielt das Streichholz an einen Kerzendocht nach dem anderen und schon bald tauchte der Adventskranz den Raum in ein wohliges Licht.
Schnell pustete sie das Streichholz aus, bevor es ihre Hand verbrennen konnte. Der Rauch waberte durch das Zimmer wie reisende Erinnerungen und sie blickte ihm gedankenverloren hinterher.
„Du hast dieses warme Kerzenlicht immer gemocht. ‚Es macht alles so weich‘, hast du immer gesagt“, flüsterte sie.
Mit einem Seufzer ließ sie vom Adventskranz ab und setzte sich auf das Sofa. Vor ihr stand der sechseckige, hölzerne Tisch, der sich immer so schwer verschieben ließ. Nun lag eine weiße Tischdecke mit Weihnachtsmotiven darauf, die sie selbst einmal gestickt hatte; Ein hübsches Relikt der Vergangenheit. Ein Teller mit noch warmen Weihnachtsplätzchen stand auf dem Tisch. Frisch gebacken, hing der Duft von Kokosmakronen, Schokolade, Mandeln und Zimt in der Luft. Es duftete köstlich, doch sie konnte nur den Mund verziehen.
„Ich weiß, ich habe sie ja selbst gebacken! Aber ich habe einfach keinen Hunger. Vielleicht war es nur Gewohnheit, dass ich sie gebacken habe. Wir essen sie ja sowieso nicht.“
Ein Kloß hing in ihrem Hals, der es einfach unmöglich machte, irgendetwas zu essen. Der Kloß versperrte alles, wie ein kleines, fieses Männchen, das die Straße versperrte. Nur der heiße Fruchtpunsch ging leicht hinunterzuspülen. Aus Gewohnheit hatte sie ihm auch einen Becher hingestellt. Vielleicht konnte er es wenigstens auf irgendeine Art fühlen, was sie tat. Die Mischung aus warmen Orangen, dunklem Beerensaft und Apfelsaft füllte ihren Magen mit einem Hauch von Glückseligkeit. Der Punsch wärmte nicht nur ihren Körper, sondern auch ihr Herz.
Es veranlasste sie dazu, den alten CD-Player anzuschalten. Nun, wo sie ein paar Schlucke getrunken hatte, war ihr nach leiser Musik zumute. Etwas Klassisches sollte es sein, etwas Weihnachtliches… und schon bald wurde sie fündig.
Als die ersten Töne des tschechischen Chores ertönten, stahl sich gar ein kleines Lächeln auf ihre Lippen.
„Hörst du das? Ich liebe diese Musik noch immer… weißt du noch, wie uns dieser Chor immer verzaubert hat? Diese Kinder singen wirklich ganz besonders… oder war es einfach nur immer die fremde Sprache, die wie Musik in unseren Ohren klang?… Ich weiß es nicht…“, sagte sie halblaut und schloss dabei ihre Augen, um die Musik zu spüren und sie in ihr Herz zu lassen.
‚Mit der Zeit wird es einfacher, doch es gibt auch die schweren Tage… doch bestimmte Musik oder ein wohliger Geschmack nehmen die Last ein wenig, wenn auch nur für ein paar Momente‘, dachte sie und Tränen rollten über ihre Wange. Doch sie lächelte dabei. Als sie die Augen wieder öffnete, konnte sie kaum ihren Augen trauen: Auf die Veranda fielen gerade die ersten Schneeflocken im Dezember! Sie stieß sogar ein leises „Oh!“ aus, doch dann hielt sie sich die Hand vor den Mund, als ob sie damit irgendjemanden erschreckt hätte.
Ein leises Lächeln stahl sich auf ihre Lippen beim Anblick der Flocken: „Warst du das? Hast du die Flöckchen geschickt?“, fragte sie mit Blick nach oben, in den Himmel.
Es war schon ein halbes Jahr her, dass er einfach so ging. Doch das erste Mal hatte sie das Gefühl, dass er sie irgendwie… gehört hatte. Aus einem Impuls heraus öffnete sie die Tür zur Veranda und trat heraus. Eisige Kälte umhüllte sie sofort, doch sie störte sich nicht daran. Schneeflöckchen fielen auf ihre Hände und schmolzen sogleich bei der Berührung mit der warmen Haut. Jede Flocke war für sie so unendlich schön, Reinheit, pures Weiß, das vom Himmel kam.
Von weitem hörte sie plötzlich Rufe und sah Umrisse von Gestalten. Nun endlich vernahm sie, wer da rief und erkannte die Kinder sofort:
„Omi! Was machst du da draußen? Dir wird noch ganz kalt!“, sagte eines der beiden Enkelkinder, die gerade auf ihre Großmutter zuliefen.
Ihr Blick hellte sich auf, als sie ihre zwei Enkelinnen sah, die ihr offenbar einen spontanen Besuch abstatteten. Im Nu waren sie bei ihr und schlossen sie in ihre Arme.
„Wir haben dir etwas mitgebracht!“, sagte eines der beiden Mädchen und hielt ihr einen Zweig einer Kiefer entgegen, „weil du doch keinen Weihnachtsbaum hast dieses Jahr. Er wird deine Wohnung ein bisschen schmücken und er duftet so gut!“
Sie sahen, dass ihre Großmutter Tränen in den Augen hatte. Tränen der Freude über den Besuch, Tränen der Trauer und Tränen des Glücks.
Wieder nahmen sie sich alle in den Arm. „Wir vermissen Opa auch“, sagten ihre Enkelinnen leise und zeigten ihr, dass sie niemals ganz allein sein würde…
Text von pusteblume.blog
Das Türchen Nr. 22 folgt morgen bei Lesewelle!
Hallo Jacqui,
schöne, anrührende Geschichte; kommt man trotz des Vorwortes zunächst nicht darauf, dass die Protagonistin schon Oma ist. Beim zweiten Lesen denke ich mir, dass also ihr Mann ein halbes Jahr vorher gestorben ist.
Und willkommen beim WritingFriday!
Liebe Grüße
Norbert
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Lieber Norbert,
Danke für deinen lieben Kommentar 😊 genau, die Protagonist sind meine Omas zusammengeführt in einer imaginären Person. Beide haben dieses Jahr fast zeitgleich ihren Mann, meinen Opa, verloren. Deswegen kam mir diese Geschichte auch als erstes in den Sinn. Danke dir, ich hoffe, dass ich in Zukunft öfter mal dazu komme, mitzuschreiben am Freitag!
Liebe Grüße,
Jacqui
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Oh, das tut mir leid!
Liebe Grüße Norbert
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Snief… traurig, aber schön.
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☺️ Danke!
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Hallo 🙂 eine wundervolle und berührende Geschichte hast du uns da geschenkt. Ich mochte es sehr zu lesen, wie du Dinge beschreibst und besonders der letzte Satz gefällt mir richtig gut. ❤
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Danke für deine lieben Worte ☺ schön, dass es diesen tollen Weihnachtskalender gibt ❤
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Ach, das erste Weihnachten nachdem eine geliebte Person uns verlassen hat, ist das schlimmste.
Sehr schön die Gefühle eingefangen.
Frohes Fest.
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Liebe Rina, Danke für deine lieben Worte ❤ Das bedeutet mir viel. Liebe Grüße und auch dir ein frohes Fest!
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❤❤❤
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Hey Jacqui,
ein ergreifender Text, der mich wirklich berührt hat. Auch weil ich weiß, dass es meiner Oma damals so erging. An Weihnachten merkt man, welche Menschen fehlen, aber zum Glück auch welche Menschen da sind.
Grüße, Katharina
von http://www.kathakritzelt.com
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Danke, liebe Katharina! Das tut mir sehr leid für dich und deine Oma. Aber zum Glück weiß man auch, dass die Menschen, die gegangen sind, trotzdem immer ein Stück weit dabei sind! Frohe Weihnachten und liebe Grüße!
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So eine bezaubernde und tief bewegende Erzählung. Sehr schön geschrieben. 🙂
Liebe Grüße und frohe Weihnachten!
Anna
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Liebe Anna, vielen Dank für deinen Kommentar ☺️ ich wünsche auch dir frohe Weihnachten! Liebe Grüße, Jacqui
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