Buchrezension: Ava Reed – Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.

Autorin: Ava Reed
Titel: Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.
Erschienen: 2019 im Ueberreuter Verlag, Berlin.
Seiten: 319

Manchmal gibt es Themen, die im echten Leben schon schwer zu ertragen sind. Und für die Worte oftmals nicht ausreichen. Ava Reed hat sich des Themas Depression angenommen und es in Worte gekleidet in ihrem Roman „Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.“, das 2019 im Ueberreuter-Verlag erschienen ist. Wie ihr das gelungen ist, erfährst du in dieser Rezension?

Worum geht’s?

Das letzte Schuljahr steht für die Freundinnen Leni und Emma bevor. Ein Schuljahr voller Aufgaben, voller Lernen, aber auch voller Träume und Zukunftsvisionen. Bis ein Moment die junge Leni vollkommen aus dem Gleichgewicht bringt.

Das bevorstehende Jahr macht ihr Angst. Es beginnt mit einem Gedankenkarrussell sowie Unwohlsein und breitet sich aus bis zu Übelkeit, Panik und Angstattacken. Sie schafft es morgens nicht mehr aus dem Bett, die Angst lähmt sie. Dann die schockierende Diagnose, die ihr Leben auf den Kopf stellt: Depression.

Erst langsam lernt Leni, mit dieser Krankheit zurechtzukommen und sie muss auch einige Rückschläge hinnehmen. Doch dann lernt sie Matti kennen, der ebenfalls krank ist, jedoch auf eine ganz andere Art. Leni und Matti verbindet viel – auch wenn das am Anfang noch nicht offensichtlich scheint…

Schwere Thematik jugendgerecht verpackt

Das ist bisher mein erstes Buch von Ava Reed. Ich habe ihre Buchcover ab und zu schon in den Instagram-Feeds anderer Nutzer gesehen und habe schon mitbekommen, dass die Autorin sich gerne auch den schwierigen Themen zuwendet und sie als Jugendbücher verpackt. Ich war gespannt auf „Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.“, denn vermutlich haben einige von uns jemanden im Freundes-, Bekannten- oder Familienkreis, der an einer psychischen Erkrankung leidet, vielleicht sogar an Depression.

Ich hatte das Glück, das Buch bei einem Gewinnspiel zu ergattern und habe es in meinem Urlaub gelesen. Ich musste allerdings nebenbei ein anderes Buch lesen, denn manchmal haben mich Ava Reeds Worte, Lenis Reaktionen, ihre Gedanken, zu sehr mitgenommen, als dass ich länger am Stück hätte lesen können.

Das Buch ist, wie die Autorin im Vorwort erwähnt, kein „lautes“ Buch, keines, das heftige Wendungen oder Actionszenen beinhaltet. Und das mag ich an dem Buch: Es erzählt, wie Lenis Krankheit langsam und schleichend verläuft. Wie sich die Angst von hinten anschleicht, sich an ihr festklammert und sie nicht mehr loslässt. Wie sie sich still und heimlich verbreitet und manchmal sogar die Kontrolle über Lenis Leben übernimmt.

„Es ist wichtig zu erkennen, dass auch Trauer ein Lächeln tragen kann. Für euch, für andere. Gefühle zeigen sich bei jedem anders und wir sollten lernen hinzusehen, nicht weg.“ (S. 154).

Wir begleiten Leni vom ersten Schultag des neuen Schuljahres an. Wir lernen sie als etwas verpeiltes Mädchen kennen, mit langen, auffälligen Locken. So auffällig wie sie aussieht ist sie jedoch innerlich nicht: Sie ist zurückhaltend, während ihre Freundin Emma ein wahres Energiebündel ist. Emma ist es auch, die Leni zum Geburtstag ein Tagebuch schenkt, denn schon immer wollte sie ihre Gedanken in einem Buch festhalten. Sie tauft es auf den Namen ihrer besten Freundin: Emma Junior.

Ava Reed - Buchauszug

Ausgelöst wird Lenis Krankheit durch die ersten Schultage im letzten Schuljahr, welches ihr Angst bereitet. Eine Abwärtsspirale entwickelt sich mit der Zeit, bis Leni ihre Eltern um Hilfe bittet. Wir bekommen mit, wie schwierig es ist, die erschreckende Diagnose überhaupt zu stellen – bis Leni endlich eine Ärztin findet, die sie in eine Klinik einweist.

Dort lernt sie nach und nach den Umgang mit ihren Ängsten und ihren Panikattacken. Und dort lernt sie auch Matti kennen, der HSAN hat, eine sehr seltene Krankheit, bei der er keine Verletzung spüren kann und auch kein Hitze- und Kälteempfinden hat. Die beiden sind verschieden – und doch machen sie sich irgendwann zusammen auf einen Roadtrip, der zum einen befreien für beide ist und doch Gefahren birgt.

Schreibstil und Gestaltung

„In jeder Dunkelheit brennt ein Licht. Man muss es nur finden!“

Das Buch, das Ava Reed als ihr persönlichstes bezeichnet, ist sehr liebevoll gestaltet. Das Cover ist in einem wunderschönen Türkisgrün gehalten und die darauf abgebildeten Lichter und Glühwürmchen spielen auf eine Kindheitsszene zwischen Leni und Emma im Buch an. Obwohl das Cover sich schon in die aktuelle Tendenz einreiht, Farbverläufe und eine kalligraphisch auffällige Schrift zu nehmen, sticht es mit der persönlichen Note der Glühwürmchen doch hervor.

Neben dem Fließtext gibt es außerdem immer wieder Tagebucheinträge von Leni. Diese muten manchmal fast etwas zu kindlich an, aber sie sind trotz allem sehr schön gestaltet. Die Autorin hat alle Einträge selbst geschrieben, kalligraphiert und malerisch gestaltet, was dem Buch eine liebevolle persönliche Note gibt. Zudem geben die Einträge direkten Einblick in Lenis Innenleben. Auch längere Zeitabstände werden so sinnvoll überbrückt.

Ansonsten ist der Schreibstil einfach und klar gehalten. Manchmal liegt recht viel Pathos in den Worten, was aber für viele Jugendbücher heute gängig ist – siehe John Green und seine Romane. Das kann man mögen oder nicht, ich fand es zumindest recht gut zu lesen. Die Sprache ist an die Lebenswelt der Jugendlichen angepasst, was das Buch nicht nur thematisch, sondern auch förmlich perfekt für jugendliche Leser ab 15 oder 16 Jahren macht.

Ava Reed - Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.

Meine Meinung

Ich denke, dass „Alles. Nichts. Und ganz viel dazwischen.“ ein gutes Buch für Jugendliche ist, egal ob sie selbst Ängste und Depressionen haben oder nicht. Betroffenen gibt das Buch Mut, denn die Geschichte nimmt kein böses Ende. Ava Reed legt Wert auf hoffnungsvolle Geschichten! Dennoch sollten Betroffene sich natürlich immer zwei Mal überlegen, ob sie von einem Buch, auch wenn es hoffnungsvoll endet, getriggert werden möchten. Ich kann mir vorstellen, dass es dem einen oder anderen Probleme bereiten könnte, die schweren Szenen zu lesen.

Ich persönlich habe auf jeden Fall mit Leni mitgefühlt und das aus zwei Gründen. Der erste ist, dass ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis ebenfalls Menschen kenne, die mit Depressionen zu kämpfen haben. Besonders schön finde ich, dass in dem Buch nicht nur das Augenmerk auf die von der Krankheit Betroffenen lenkt, sondern auch auf diejenigen, die mit den Erkrankten kämpfen. Es ist nicht leicht, wenn ein lieber Mensch mit traurigen und beängstigenden Gedanken kämpft, weder für Eltern, noch für Geschwister, Partner oder Freunde. Danke deshalb an Ava Reed und das Buch, dass auch diese Stimmen ein Sprachrohr im Buch finden!

Außerdem habe ich mich angesprochen gefühlt und mitgelitten, weil ich körperlich schon oft ähnlich reagiert habe wie Leni zu Beginn des Buchs. Vor allem in meiner Schulzeit hatte ich mit extrem häufiger Übelkeit und viel Nervosität zu kämpfen. Es gab mehrere Auslöser dafür, aber der Punkt ist, dass weder ich noch mein Arzt erkannt hat, was außer den Magenschmerzen eigentlich los ist. Auch später hatte ich immer mal wieder diese Probleme und heute weiß ich auch, dass das Problem kein rein körperliches war. Ich habe zum Glück die Kurve immer wieder bekommen, aber wenn mir heutzutage etwas ähnliches passieren würde, wüsste ich es besser.

Abschließend möchte ich neben den vielen positiven Kommentaren jedoch noch eine kleine Kritik zum Buch loswerden: Die Liebesgeschichte zwischen Matti und Leni hätte es für mich nicht gebraucht. Ein bisschen war das alles schon absehbar, dass sich zwischen den beiden etwas entwickelt. Ihre gemeinsame Geschichte hat mich dann schließlich beim Lesen nicht mehr so überrascht, weswegen ich auf diesen Erzählstrang auch hätte verzichten können. Ich bin mir aber sicher, dass es da draußen einige Leni und Matti-Fans gibt 😉

Und nun bist du dran: Kennst du das Buch? Hast du auch schon andere Bücher der Autorin gelesen und welche kannst du empfehlen?

Viel Spaß beim Lesen wünscht
Jacqui

Meine Bewertung im Detail

Handlung ♥♥♥♥♡

Charaktere ♥♥♥♥♡

Sprache ♥♥♥♥♡

Emotionen ♥♥♥♥♥

Gesamt 4,25/5

 

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