
Autor: Matti Laaksonen
OT: Wie schwimmen im Meer
Erschienen: 2022 in Norderstedt: Books on Demand
Seiten: 308
Geschichten, in denen man sich wie in eine warme Decke einhüllen kann – das ist genau das, was man im Winter gut gebrauchen kann, oder? Auch, wenn die Geschichte im Sommer spielt. So ging es mir mit „Wie schwimmen im Meer“ von Matti Laaksonen, einem Buch über Freundschaft, Liebe und alles dazwischen. Über Weihnachten habe ich es innerhalb kurzer Zeit verschlungen.
Worum geht’s?
Till geht in die Oberstufe eines Internats. Er ist ein Drinnie, liebt das Schreiben und pflegt eine ganz besondere Beziehung zu seiner Mutter und seiner besten Freundin Kira. Er hatte bereits eine Beziehung, doch so richtig verliebt war er noch nie. Und doch scheint sich um ihn herum alles nur um das eine Thema zu drehen…
Eines Tages kommt Jannik in seine Klasse und ab diesem Tag sieht plötzlich alles ganz anders aus. Till fühlt sich zu Jannik hingezogen und verbringt gerne Zeit mit ihm. Doch entwickelt sich da Liebe? Till stellt sich große Fragen und mehr als nur einmal wird sein Leben auf den Kopf gestellt. Ob er – parallel mit den Charakteren in seinem eigenen Buch, das er schreibt – Antworten findet?
Coming of Age auf die besondere Art
Das Buch ist aus er Sicht von Till geschrieben und gibt Einblicke in sein Leben und in seine Gefühlswelt. Schon früh merkt man als Leser*in, dass Till ein introvertierter Typ ist. Er verbringt gerne Zeit daheim, schreibt an seinem eigenen Buch, denn sein Traum ist es, ein erfolgreicher Autor zu werden und auch in Zukunft schreiben zu können. Till hat nur wenige Freund*innen, dafür hegt er zu denen ein besonders tiefe Bindung, vor allem zu Kira, die ihn immer gut zu verstehen scheint. Auch zu seiner Mutter hat er eine besondere Verbindung, auch wenn diese als Flugbegleiterin oft nicht zu Hause ist.
Als Jannik in Tills Leben tritt, ändert sich so einiges in Tills Gedankengängen. Er stellt sich große Fragen, zum Beispiel, wann man eigentlich merkt, dass man verliebt ist. Oder ob Freundschaft nicht auch gleichwertig ist zur Liebe und ob es überhaupt einen Unterschied zwischen Beidem gibt. Mit Jannik freundet sich Till an. Trotz anfänglicher Probleme, die Stille zu überbrücken, die manchmal zwischen ihnen herrscht, freunden sich die beiden schnell an und sind auf einer Wellenlänge. Jannik gegenüber kann Till sich irgendwann gut öffnen und lernt, dass es manchmal helfen kann, über seine Gefühle zu reden.
Consent – unglaublich attraktiv
Was ich an der Geschichte zwischen Till und Jannik besonders schön finde, ist, wie sie miteinander umgehen. Natürlich gibt es manchmal Probleme, auch in der Kommunikation, aber insgesamt gehen die beiden vorsichtig mit den Gefühlen des anderen um und versuchen, offen zu sich selbst und dem anderen gegenüber zu sein. Till schafft es, Jannik gegenüber irgendwann seine Gedanken mitzuteilen und sich ihm zu öffnen, denn er merkt, dass er nicht die Art von romantischer Liebesbeziehung möchte, die andere Paare miteinander teilen. Jannik nimmt diese Informationen, geht sehr sensibel damit um und die beiden finden eine Lösung, wie sie ihren Umgang miteinander gestalten wollen. Man merkt wieder einmal – Consent ist einfach unglaublich attraktiv!
Lesefluss und Parallelen zum Buch im Buch
Ich habe weiter oben ja bereits erwähnt, dass Till das Schreiben liebt. So fließt auch der Schreibprozess immer wieder in das Buch mit ein. Das fand ich zum einen schön zu lesen und zum anderen merkt man auch immer mal wieder Parallelen zwischen Tills Buchcharakteren und ihm selbst. Wenn es ihm gut geht, kann er viel freier schreiben. Wenn Till gedanklich blockiert ist und erst mal seine eigenen Gefühle und Gedanken verarbeiten muss, dann scheint auch sein Schreibprozess und die Charaktere im Buch eine Blockade zu haben. Doch je mehr Till über sich selbst lernt, desto besser kann er seine Story im Buch umsetzen. Was für eine schöne Unterstützung des Leseflusses!
Am Anfang hat sich die Geschichte noch ein bisschen gezogen und etwas länger gebraucht, um in Schwung zu kommen. Doch es hat mich nicht allzu sehr gestört, denn es hat auch alles zu Till und seiner Entwicklung gepasst. Für mich ist „Wie schwimmen im Meer“ vor allem eine wunderbare Charakterentwicklung – so viel von Tills Gedanken und Gefühlen mitzubekommen, fand ich sehr angenehm und hat ihn als Charakter sehr nahbar gemacht.
Daher war „Wie schwimmen im Meer“ von Matti Laaksonen wie eine einzige warme Decke für mich, in die ich mich über Weihnachten so richtig einkuscheln konnte. Eine schöne, queere, vom Romantik-Einheitsbrei abweichende Coming-of-Age-Geschichte, die mich abholen konnte und mich am Ende auch noch einmal richtig überrascht hat. Große Empfehlung!
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Jacqui
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