
Autor: Jules Verne
OT: Reise zum Mittelpunkt der Erde
Erschienen: 2005 in Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag (Neuausgabe)
Seiten: 314
Lest ihr eigentlich gerne Science Fiction? Falls ja, dann habt ihr vielleicht schon etwas von dem Roman gehört, der gemeinhin als einer der ersten seines Genres gilt: „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ von Jules Verne. Sicherlich habt ihr schon mal von dem französischen Autor gehört, der für seine abenteuerlichen Geschichten bekannt ist.
Worum geht’s?
Die Hauptfigur ist der Professor Otto Lidenbrock aus Hamburg, der in einer alten Ausgabe von Snorri Sturlurson, den man als einen der bekanntesten isländischen Dichter kennt, ein Manuskript des fiktiven isländischen Alchemisten Arne Saknussemm findet. Der Professor ist ein wahrer Abenteurer und möchte unbedingt herausfinden, was es mit dem Manuskript von Saknussemm auf sich hat – denn der behauptet, dass es im Inneren des isländischen Vulkans Snæfellsjökull einen Weg zum Mittelpunkt der Erde geben soll.
Prompt zwingt er seinen Neffen Axel dazu, diese gefährliche Reise mit ihm zu unternehmen. Auf einer zweimonatigen Reise zusammen mit dem Eiderentenjäger Hans gelangen die drei Männer immer tiefer ins Innere der Erde und prüfen ihre Hypothesen bezüglich Temperatur, Druck usw. im Inneren des Erdballs. Die Männer laufen ungefähr 5000 Kilometer und erleben im Inneren des Vulkans die verrücktesten Abenteuer: von sich änderndem Felsgestein, über siedend heißes Wasser bis hin zu einem eigenen kleinen Ökosystem ist alles dabei und wird akribisch von den Forschern notiert. Am Ende ihrer Reise liegt ein überraschendes Ziel…
Der Forschergeist erwacht
1864 erstmal erschienen, steht „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ ganz im Zeichen des Forschens. Nur wenige Jahre zuvor verstarb der deutsche reisende Forscher Alexander von Humboldt, der vor allem auch in Frankreich mit seinen Reiseberichten viel Begeisterung auslöste. Daher ist es kein Zufall, dass die zwei Hauptpersonen im Buch Deutsche sind.
Wie richtige Forscher sind der Professor und sein Neffe auch ausgestattet: Messgeräte haben sie dabei, Essensvorräte, Möglichkeiten zum Protokollieren und natürlich auch zum Schlafen. Anfangs erscheint die Reise noch realistisch: Der Professor und Axel gelangen nach Island und machen sich dort mit Hilfe auf dem Weg zu dem Vulkan, der nicht mehr aktiv ist und in den sie deshalb hinabsteigen können.
Mit der Zeit werden die Erlebnisse aber immer unwahrscheinlicher – das kam mir aus „Reise um den Mond“ bekannt vor, denn da habe ich über den Einfallsreichtum Vernes das eine oder andere Mal sehr schmunzeln müssen. Auch hier gibt es wieder einige Erlebnisse, bei denen man sich heute denkt: Hm, das könnte so wohl nicht passieren. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass es nicht deutlich wärmer im Inneren des Vulkans wird. Oder dass die Männer auf Lava mit einem Holzplankenboot fahren. Oder dass Ungeheuer im existierenden Ökosystem im Vulkan (ein Meer mit Wolken) schwimmen.
Aber das macht das Buch auch recht unterhaltsam. Insgesamt habe ich mich aber eher schwer mit der Geschichte getan und warum, verrate ich euch im nächsten Punkt.
Ich-Perspektive und Männer regieren die Welt
Ganz klar gibt es in diesem Werk eine eindeutige Geschlechtertrennung. Die Haushälterin Martha (die halt auch einfach mal „Perle“ genannt wird) und Gudrun, das Mündel des Professors, sind die einzigen Damen, die im Roman mitspielen. Selbstredend aber keine weiter wichtige Rolle, denn die Frauen sind nur dazu da, zu putzen oder in Gudruns Fall, geduldig auf den Mann zu warten.
Axel wird durch seine Liebe zu Gudrun zu dem Mann, der zunächst ein lebensgefährliches Abenteuer bestehen und sich in der Welt beweisen muss. Erst danach wird er vom Professor als heiratswürdig angesehen.
Der Professor war in manchen seiner Aktionen schon witzig, aber im Großen und Ganzen auch ein eher unangenehmer Typ, der unter allen Umständen seine Ideen umsetzen wollte, egal ob andere wollten oder nicht.
Sauer aufgestoßen ist mir außerdem, wie die zwei Deutschen mit Menschen anderer Nationalitäten umgehen. Hans, der den beiden Herren ganz klar mehrere Male den Allerwertesten rettet und ohne dessen Kompetenzen das ganze Abenteuer gar nicht möglich gewesen wäre, wird vor allem von Axel als eher einfacher Typ wahrgenommen. Oder auch primitiv, so wie er die anderen Einwohner Islands beschreibt. Als wären alle anderen Menschen, die nicht studiert haben, ein bisschen dämlich. Diese persönliche Erhebung über andere Menschen ging mir gehörig auf den Keks.
Geschrieben ist der Roman übrigens aus Axels Sicht. Dadurch sind wir sehr nah am Geschehen dran und erleben die Gefühlswelt des jungen Forschers aus nächster Nähe. Er liefert außerdem ironische Kommentare über den Professor. Manchmal habe ich mich aber schon gefragt, warum er nicht einfach sagt, dass er die Reise zu gefährlich findet und er das nicht möchte – stattdessen macht er sich eben über die Marotten seines Onkels lustig, nun gut.
Insgesamt hat sich die Geschichte für mich viel zu lange gezogen, da bin ich ganz ehrlich. Seitenlang hatte man das Gefühl, dass wirklich absolut nichts geschieht. Erst in der zweiten Hälfte des Buches gab es etwas mehr Bewegung. Das Ende war dann aber auf jeden Fall überraschend und vielleicht sogar anders als man erwarten würde.
Noch einmal lesen würde ich das Buch dennoch nicht – interessant war es aber trotzdem mal den Klassiker der Science Fiction einmal kennenzulernen.
Und nun ihr: Habt ihr schon mal etwas von Jules Verne gelesen oder eine Verfilmung geschaut? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!
Die Reise zum Mittelpunkt der Erde habe ich einmal als Kind gelesen, später noch ein paar andere seiner Romane.
Aus heutiger Sicht kann man über einiges nur noch schmunzeln. Und es stimmt, seine Werke sind sehr männerdominiert.
Aber viele seiner Ideen waren schon nett.
Liebe Grüße, Norbert
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„Diese persönliche Erhebung über andere Menschen ging mir gehörig auf den Keks.“
das glaube ich dir, das hätte mich auch sehr gestört.
schöne rezension!
lg nicci
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Hey Nicci,
danke dir für dein Feedback 🙂
Manchmal denke ich mir auch so: Krass was man für „Klassiker“ zum Beispiel auch in der Schulzeit gelesen hat (hauptsächlich von Männern natürlich, als hätten Frauen nix geschrieben) und wie anders das Ganze in meiner Schulzeit so rezipiert wurde. Heutzutage hätte ich auch zu Goethe einiges aus feministischer Sicht zu sagen 😀 Aber so lernt man eben über die Jahre hinzu.
LG Jacqui
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ja oder?? das ist echt so krass. und ich glaube, dass es heute nicht wirklich anders ist. zumindest nicht an vielen schulen. ich hoffe ja, dass diese kritischen punkte wenigstens thematisiert werden. es gibt so viele tolle bücher, von frauen, von BiPoC autor*innen, aber weiterhin werden nur die klassiker alter weißer männer gelesen. schade.
LG
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