Buchrezension: Liza Grimm – Hinter den Spiegeln so kalt

Buch von Liza Grimm "Hinter den Spiegeln so kalt".
„Hinter den Spiegeln so kalt“ von Liza Grimm

Autorin: Liza Grimm
OT: Hinter den Spiegeln so kalt
Erschienen: 2022 in München: Droemer Knaur
Seiten: 344

Achtung:
Die Rezension ist nicht ganz spoilerfrei, da es Trigger gibt, auf die ich es wichtig finde, hinzuweisen.
Dazu gehört sexueller Missbrauch Minderjähriger.

Uff, manchmal gibt es Bücher, die einen richtig kalt erwischen. In denen hinter der Handlung ein weiteres wichtiges Thema versteckt liegt und nach und nach zum Vorschein kommt. So war es auch bei „Hinter den Spiegeln so kalt“ von der wunderbaren Autorin Liza Grimm. Sie tut das, was sie am besten kann: Fantasy schreiben. Doch dabei hat sie eine wichtige Message an alle Menschen.

Worum geht’s?

Finjas Mann Mika kommt bei einem Unfall ums Leben. Finjas und Mikas gemeinsame Tochter Hannah ist für Finja das Wichtigste, was es in ihrem Leben gibt. Umso schlimmer, dass eines Tages Hannahs über alles geliebte Tochter verschwindet. Einzig eine Spur aus Eis im Badezimmer bleibt zurück – die einzige Spur für Finja, die sich jedoch einfach verläuft. Finja holt sich schließlich Hilfe bei einer Hexe, da sie so verzweifelt ist.  

Dort erfährt Finja Unglaubliches: Nicht nur, dass sie magische Kräfte besitzt, sondern sie trifft in ihren Erinnerungen auf ein fremdes Gesicht, das ihr dennoch bekannt vorkommt… um ihre Tochter zu retten, muss Finja hinter die Spiegel schauen. In eine Welt aus Eis und Schnee. Ist sie bereit für die Wahrheit?

Neuinterpretation eines bekannten Märchens

„Hinter den Spiegeln so kalt“ ist eine Neuinterpretation des Märchens „Die Schneekönigin“ von Hans Christian Andersen. In diesem Märchen wird Kay, der Freund des Mädchens Gerda, von den Splittern eines verzauberten Spiegels getroffen und ist fortan ganz verändert. Als die beiden Kinder auf die Schneekönigin treffen, hängt Kay sich an ihren Schlitten und wird so von ihr entführt. Er lebt fortan in ihrem Palast und Gerda macht sich eines Tages auf den Weg, ihren Freund zu suchen und vor der Königin zu retten.

So manche Motive finden sich auch in Liza Grimms Roman wieder. So zum Beispiel der Splitter im Auge oder auch das Motiv der Entführung durch die Schneekönigin bzw. ihrem Äquivalent im Roman.

Es gibt jedoch einen großen Unterschied zwischen der Schneekönigin im Märchen und der im Roman: Der Frau im Roman, die nicht nur Hannah, sondern auch noch andere Kinder entführt hat, sind im Leben schlimme Dinge widerfahren. Der Grund, warum sie die Kinder entführt, ist eigentlich ein sehr ehrenhafter: Sie möchte die Kinder vor einer ganz bestimmten Gefahr in ihrem Leben schützen – so auch Hannah. Doch das rechtfertigt natürlich nicht, ein Kind seiner Mutter einfach so wegzunehmen.

Fantasy-Elemente verknüpft mit einem ernsten Thema

Liza Grimm hat wieder einmal eine fantasievolle Geschichte aufs Papier gezaubert. Neben den Elementen aus „Die Schneekönigin“ tauchen natürlich auch viele eigenen Aspekte in der Geschichte auf. So wird zum Beispiel die Beziehung zu Finjas neuem Partner Max thematisiert. Für Hannah ist es nicht so einfach, nach dem Tod ihres Vaters einen neuen Menschen an der Seite ihrer Mutter im Leben zu akzeptieren. Sie ist zudem Max gegenüber sehr misstrauisch. Und das aus gutem Grund.

Schnell wird deutlich, dass Max kein guter Mensch ist. Er ist immer wieder manipulativ und behandelt Finja wie Dreck, nur um im nächsten Moment wieder angekrochen zu kommen und sie mit schönen Worten zu umgarnen. Finja knickt immer wieder ein und lässt ihn in ihr Leben. Erst, als er sich wirklich gruselig benimmt und ihr vor der Haustür auflauert, nimmt Finja langsam Abstand zu ihm. Schnell habe ich das Gefühl bekommen, dass Max irgendwie in Hannahs Verschwinden involviert ist, einfach weil er sich ständig so ambivalent verhalten hat und Finja emotional unter Druck gesetzt hat. Und ich sollte leider Recht behalten. Denn Max ist mit Schuld daran, dass Hannah verschwunden ist.

Viele Gefühle

Das Buch hat in mir viele Gefühle ausgelöst. Es war kein typisches „Liza Grimm-Buch“, sondern es ging viel tiefer. Von Anfang an hatte ich irgendwie ein mulmiges Gefühl beim Lesen, da natürlich die Thematik eines verschwundenen Kindes heftig genug ist. Das Ganze verpackt in das Fantasy-Setting hat ein bisschen von der „Mulmigkeit“ des Gefühls abgelenkt, nur um später herauszufinden, dass es doch völlig berechtigt war…

Manche Themen lassen sich nur schwer Schwarz auf Weiß zu Papier bringen, weil diese Themen sehr wehtun können. Manchmal ist es dann gut, ein anderes Gewand zu wählen, um die Thematiken einem breiteren Publikum auf sanfte Weise näher zu bringen.

Letztendlich ist es dieses Mal nicht die fantasievolle Storyline, die ich mitgenommen habe, sondern eher einige Anzeichen, auf die ich in meinem Umfeld achten sollte, wenn sich beispielsweise ein Kind auf bestimmte Weise auffällig verhält. Denn nicht immer können Menschen, denen es gerade nicht gut geht, ihre Probleme einfach so ausdrücken. Durch das Buch wurde ich sehr sensibilisiert – und ich finde es gut, dass es im Fantasy-Gewand geschehen ist.

Das Buch kann ich allen empfehlen, die zum einen gerne Fantasy lesen, zum anderen aber auch nicht vor schwierigen Themen zurückschrecken und sich damit beschäftigen wollen.

Danke für „Hinter den Spiegeln so kalt“!

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