Buchrezension: Stephen King – Dolores

Stephen King - Dolores

Autor: Stephen King  
OT: Dolores Claiborne
Erschienen: 2011 in München: Wilhelm Heyne Verlag
Seiten: 384

Nach langer Zeit war mir mal wieder danach, einen Roman von Stephen King zu lesen. Im Dezember habe ich bei Medimops zugeschlagen und mir einen ganzen Stapel King-Romane geholt, die ich noch nicht kenne. Eine Bloggerin hatte die Romane empfohlen und da ich ihr diesbezüglich sehr vertraue, dachte ich, gebe ich diesen mal eine Chance. Darunter war dann auch „Dolores“, ein Buch, das bereits 1992 erschien. Und wieder erwartete mich ein gewohnt skurriler und grausiger Roman, der jedoch einen interessanten Twist hat.

Worum geht’s?

Dolores Claiborne, eine Haushälterin, soll ihre Arbeitsgeberin, der sie dreißig Jahre lang gedient hat, umgebracht haben. Bei einem Polizeiverhör erzählt sie, was wirklich passiert ist – und deckt dabei ein grausames Geheimnis auf, das sie jahrelang für sich behalten hat.

Dolores hat einen Mann, zwei Söhne und eine Tochter. Schon lange arbeitet Dolores als Haushälterin bei Vera, einer reichen Dame, die immer wieder auf die Insel kommt, um dort die Sommer zu verbringen. Irgendwann zieht die Dame permanent dort ein und Dolores kümmert sich sehr um alles, was der Frau auf dem Herzen liegt. Mit den Jahren wird Vera immer mehr bettlägerig und entwickelt üble Angewohnheiten, bei denen Dolores sich sicher ist, dass sie sie nur tut, um Dolores zu ärgern.

Währenddessen werden Dolores‘ Kinder erwachsen und ihre Tochter leidet darunter, dass ihr eigener Vater sie belästigt. Daraufhin entwickelt Dolores einen großen Hass auf ihren eigenen Mann und schmiedet Pläne, um ihn loszuwerden, damit ihre Tochter künftig vor ihm geschützt ist…

Mit der Zeit zeigt sich, dass Dolores und Vera mehr gemeinsam haben, als sie zunächst denkt.

Dolores und ihr hartes Leben

Ich bin ja immer etwas skeptisch, wenn Autoren und Autorinnen aus der Sicht des jeweils anderen Geschlechts schreiben. Hier musste ich aber feststellen, dass King einige Aspekte der Weiblichkeit bzw. der Probleme des Umgangs mit Frauen eingebracht hat, die ich richtig gut fand. Anfang der 90er stand der Feminismus natürlich noch an einer ganz anderen Stelle als es heute der Fall ist und auf einer vom Festland abgelegenen Insel ist das alles natürlich noch mal eine ganz andere Sache. Aus der Sicht hat King es also gut rübergebracht, wie sich Dolores‘ Mann ihr gegenüber verhält und auch, dass er zum Beispiel eher über die Finanzen wacht, hat er mitgedacht – aber auch mit eingebracht, wie Dolores als Frau damit umgeht.

Mit Dolores hat er eine Frau gezeichnet, die als Haushälterin natürlich hauptsächlich „typisch weiblich“ verstandene Aufgaben verrichtet. Auf der anderen Seite ist sie oft doch recht ruppig und hat kein Problem damit, ihrem Mann gegenüber Klartext zu reden und auch Gewalt anzuwenden. Gegenüber ihren Kindern jedoch ist sie eine einfühlsame liebe Mutter und thematisiert zum Beispiel die „Männlichkeitsansprüche“ des Vaters gegenüber seinem Sohn, der mit „typisch männlichen“ Aktivitäten nichts anfangen kann, dafür aber sehr gut mit der Sprache umgehen kann, was sein Vater so aufnimmt, als wäre sein Sohn verweichlicht. Wenn es um ihre Kinder geht, ist Dolores eine Mutter, die diese immer wieder gerne in Schutz nimmt.

Leider muss Dolores unter ihrem Mann, seinem Trinken, seiner Wut und seinen Worten leiden. Liebe ist da schon lange nicht mehr vorhanden. Dolores schmiedet daraufhin einen Plan, um ihren Mann endgültig loszuwerden, damit sie nicht mehr leiden muss und damit ihre Kinder geschützt sind. All das geschieht jedoch für einen teuer erkauften Preis, denn die Beziehung wird zu ihren Kindern am Ende nie mehr so wie sie einmal war.

Kammerspiel und Gruselfaktor

Interessant ist an dem Buch, dass es ein einziger langer Fließtext ist. Es gibt keine Unterteilung in Kapitel und es wird komplett aus der Ich-Perspektive von Dolores erzählt. Man kann sagen, es handelt sich um ein Kammerspiel, das King hier geschrieben hat. Die Rahmenhandlung ist, dass Dolores bei der Polizei sitzt und dort ihre Aussage erfassen lässt. Die Binnenhandlung wird von Dolores‘ Erzählung geprägt, die sich über mehrere Jahre zieht.

Durch diese Erzählweise bin ich in einen richtigen Sog geraten, ich habe das Buch nur ungern zur Seite gelegt. Einen richtigen „Gruselfaktor“ gab es meiner Meinung nach nicht, es ist alles realistisch geblieben. Dennoch gab es, typisch King, Ekelmomente und Horrorszenarien, die auch in aller Ausführlichkeit beschrieben werden. Dahingehend kommt man also auf seine Kosten.

Alles in allem ist „Dolores“ also ein wirklich unterhaltsamer Roman in dem Sinne, dass man gerne dranbleibt und die reine Wahrheit von der Protagonistin selbst erfahren möchte. Perfekt für alle King-Fans und solche, die es noch werden wollen!

3 Antworten auf „Buchrezension: Stephen King – Dolores

Add yours

  1. Ich hab King früher echt gefressen. Damals gab es ja nichts anderes vergleichbares. Allerdings kann ich ihn heute kaum lesen. Er schweift so ab, dass ich eher genervt als gegruselt bin. Das ist mir früher nicht so bewusst aufgefallen. Ich erinnere mich, dass es immer mal langweilige Phasen gab, die aber dann, wenn ich weglegen wollte wieder aufhörten.

    Gefällt 1 Person

    1. Das stimmt, King kann durchaus sehr ausschweifend schreiben. Vor allem in den eher dickeren Büchern ist das ja manchmal etwas anstrengend. Bei Dolores hatte ich zwischendurch auch eine kurze Phase, wo es mal etwas „langweiliger“ wurde, aber das hörte schnell auf. Mal sehen wie es in seinen längeren Werken ist, ich hab hier noch das ein oder andere dickere Exemplar von ihm stehen.

      Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

Erstelle eine Website oder ein Blog auf WordPress.com

Nach oben ↑