Buchrezension: V.E. Schwab – Bury Our Bones in the Midnight Soil

V.E. Schwabs Buch "Bury Our Bones in the Midnight Soil"
Die Ausgabe der Bücherbüchse von „Bury Our Bones in the Midnight Soil“

Autorin: V.E. Schwab
OT: Bury Our Bones in the Midnight Soil
Erschienen: 2025 in Frankfurt a.M.: S. Fischer Verlag
Seiten: 687

Und ich habe es auf ein Neues getan – ein weiteres Buch von V.E. Schwab habe ich im September und Oktober verschlungen. Hat ein bisschen gedauert – bei fast 700 Seiten ist das aber auch kein Wunder. Ob ich ohne die Autorin je wieder in eine Vampirgeschichte abgetaucht werde? Ich bezweifle es. Aber Schwab beweist hier, dass man Vampirgeschichten auch ganz anders erzählen kann.

Worum geht’s?

Im Zentrum der Geschichte stehen drei Frauen, getrennt durch Jahrhunderte, aber am Ende doch alle vereint.

María wird 1511 in einem kleinen spanischen Dorf geboren. Sie heiratet später einen spanischen Edelmann, doch ist sie in der Ehe todunglücklich. Erst die Begegnung mit einer mysteriösen Witwe scheint Erlösung zu versprechen, doch der Preis dafür ist hoch.

Charlotte soll 1827 in London verheiratet werden, doch sie flieht vor der Hochzeit mit einer geheimnisvollen Adeligen und verbringt ein Leben in Freiheit und Sünde. Erst mit der Zeit merkt Charlotte jedoch, wie sehr sie unter dem Bann dieser Frau steht – und dass sie, nachdem sie bereits eine Spur der Gewalt hinterlassen hat, dieser Frau den Rücken kehren will.

Alice, 2019 Studentin an der Universität, wacht eines Morgens nach einem One Night Stand mit einer Frau auf und stellt fest, dass sie eine seltsame Wunde am Hals hat. Zudem entwickelt sie eine gewisse Lust auf Blut… nun will sie unbedingt herausfinden, wem sie das zu „verdanken“ hat.

Charakterzeichnung aus "Bury Our Bones in the Midnight Soil"
Charakterzeichnung aus der Bücherbüchse-Ausgabe

Charakterstudie und toxische Beziehungen unter Frauen

Sehr lange ist es im Buch so, dass gar nicht so viel passiert. Am Anfang begleiten wir vor allem María und Alice und man weiß einfach noch nicht so recht, wie diese Frauen in Verbindung miteinander stehen. Die Geschichten der beiden Frauen sind zunächst losgelöst voneinander und stattdessen werden wir ganz tief in die Charaktere der beiden Frauen hineingezogen.

María, die im spanischen 16. Jahrhundert geboren wurde, ist eine Frau, die ihre Freiheit liebt und sich nicht abhängig von einem Mann machen möchte. Sie wirkt unglaublich stark und gefestigt, aber kann wenig gegen die Normen des Zeitalters unternehmen, in dem sie lebt. Als sie dann die geheimnisvolle Witwe kennenlernt, scheint sie einen Weg aus ihrem Hamsterrad zu finden. Die Witwe verschafft María ein ganz neues Leben – eines, in dem sie nicht mehr altert, körperliche Stärke besitzt und einen gewissen Durst auf Blut verspürt. Mit der Zeit stellt sich heraus, dass María einen recht skrupellosen Charakter besitzt. Den hatte sie vielleicht schon vorher in Teilen zu sich – ihre Zeit als Vampirin scheint diesen Charakterzug aber immer stärker zum Vorschein zu bringen.

Charakterzeichnung von Sabine aus "Bury Our Bones in the Midnight Soil" von V.E. Schwab
Charakterzeichnung in der Bücherbüchse-Ausgabe

Alice hingegen, Studentin im 21. Jahrhundert, wächst ganz anders auf. Sie versucht, sich im Stundentinnenleben zurechtzufinden, und findet eines Abends in Lottie einen aufregenden One-Night-Stand, der jedoch nicht ohne Konsequenzen bleibt. Alice scheint als Frau, die zur Vampirin wird, die Einzige zu sein, die ihren Zustand nicht einfach ohne Weiteres hinnehmen will. Sie möchte ihr Leben leben sowie Erfahrungen sammeln, die auch andere in ihrem Alter sammeln, sie will alt werden und hat Pläne. Daher versucht sie herauszufinden, wer ihr diese Verwandlung angetan hat. Auf ihrer Suche gerät sie in eine interessante Welt voller Menschen, die ein außergewöhnliches Leben führen… und trifft dabei wieder auf Lottie.

Lottie, eigentlich Charlotte, geboren im 19. Jahrhundert, stellt eine Art Bindeglied zwischen María und Alice dar. Charlotte wirkt in ihren jeweiligen Abschnitten im Buch wie das freundliche Mädchen von nebenan. Oft dachte ich, dass sie einfach zu lieb, zu freundlich, zu naiv ist. Sie verfällt Marías Bann und folgt ihr ohne Umschweife überallhin – Liebe und ein Versprechen binden sie an María. Doch María wird mit den Jahren immer schwieriger im Umgang – eine toxische Beziehung entwickelt sich zwischen den beiden Frauen.

Nicht täuschen lassen…

Oben schrieb ich, dass Charlotte als die liebe, freundliche und etwas naive Frau erscheint. Doch man sollte in dem Buch wirklich ganz stark zwischen den Zeilen lesen und schauen, wer aus welchen Motiven heraus handelt. María ist sehr eindeutig eine sehr toxische Vampirin, der vor allem an ihrem eigenen Wohlergehen liegt – und später will, dass Charlotte sich so miserabel wie möglich fühlt.

Doch auch Charlotte ist nicht frei von Lastern. Auch sie geht mit anderen Frauen nicht immer vorbildlich um. Das zeigt sich im Umgang mit Alice, zu der sie zwar freundlich ist und ihre ganze Geschichte von vorne bis hinten aufdeckt, die sie aber trotzdem für ihre eigenen Zwecke ausnutzt, um an ihr Ziel zu kommen. Das mag erst mal nicht „böse gemeint“ sein, ist aber nicht weniger schlimm als María, die ihre Machtposition gegenüber Charlotte ebenfalls schamlos ausgenutzt hat.

Farbschnitt des Buchs "Bury Our Bones in the Midnight Soil" von V.E. Schwab
Farbschnitt des Buchs „Bury Our Bones in the Midnight Soil“ von V.E. Schwab

Empfehlung trotz Längen

Im Social Read auf Reado ist mir aufgefallen, dass vielen die langsame Entwicklung im Buch gestört hat. Und ja, es ist so, dass das Buch wirklich braucht, um Fahrt aufzunehmen. Aber darum geht es meiner Meinung nach auch nicht – ich finde es genau richtig, dass die Autorin sich so viel Zeit für die sehr genaue Charakterstudie der drei Frauen gelassen hat. So versteht man ihre Beweggründe sehr viel besser, als wenn alles auf weniger Seiten kondensiert worden wäre.

Ich mochte zudem sehr die Atmosphäre, die im Buch entstanden ist. Durch die Switches in der Erzählperspektive tauchen wir in verschiedene Zeiten ein und wie man dort mit Beziehungen, Queerness und Frauenrechten umgegangen ist. Irgendwann kam dann bei mir so ein „Aha-Moment“, in dem ich gemerkt habe, wie die Schicksale der Frauen miteinander verbunden sind, und dann gab es noch mal einen richtigen Drive in der Geschichte. Das hat mir sehr gefallen. Zudem ist der Schreibstil V.E. Schwabs wieder einmal on point. Holy, ich finde ihre Art zu schreiben einfach so schön!

Trotz – oder vielleicht auch wegen – der Länge würde ich diesen Roman wieder einmal weiterempfehlen, auch wenn ihr keine Vampirfans seid, denn es geht um viel mehr als das: um (queere) Beziehungen, gesunden Umgang miteinander und Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen und in Beziehungen generell.

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