Buchrezension: Andreas Izquierdo – Fräulein Hedy träumt vom Fliegen

Fräulein Hedy träumt vom Fliegen von Andreas IzquierdoAutor: Andreas Izquierdo
Titel: Fräulein Hedy träumt vom Fliegen
Erschienen: 2019 im Insel Verlag, Berlin. 1. Auflage.
Seiten: 525

Hier kommt sie – die erste Rezension im Jahr 2020! Ich hoffe, ihr seid gut in das neue Jahr gerutscht und ich hoffe auch, dass ihr bereits schöne Lesestunden verbringen konntet.

Die erste Rezension ist über ein Buch, das ich von einer lieben Freundin geschenkt bekommen habe: „Fräulein Hedy träumt vom Fliegen“ von Andreas Izquierdo. „Leg dir schon mal Taschentücher bereit“, sagte sie – und das gleiche kann ich euch auch nur ans Herz legen 😉

Worum geht’s?

„Dame in den besten Jahren sucht Kavalier, der sie zum Nacktbadestrand fährt. Entgeltung garantiert.“ Das ist die Anzeige, die Fräulein Hedy, 88 Jahre alt aber kein bisschen auf den Mund gefallen, in die städtische Zeitung setzen lässt. Doch niemand antwortet auf diese Anzeige. Im Gegenzug wird sie von manchen Leuten für ein bisschen verrückt gehalten.

Ihr schüchterner Physiotherapeut Jan wird wegen fehlender Rückmeldungen auf die Anzeige kurzerhand zum Mitstreiter erklärt – ob er will oder nicht, und zunächst will er eher nicht. Doch Fräulein Hedy hat einen Willen und einen schicken Oldtimer in der Garage, den sie selbst aufgrund ihrer körperlichen Beschwerden nicht fahren kann. Es gibt jedoch ein Problem: Jan hat keinen Führerschein, dafür aber eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Fräulein Hedy jedoch, welche die Vorsitzende ihrer vor Jahren gegründeten Stiftung zur Förderung begabter Kinder ist, hilft Jan dabei, Lesen und Schreiben zu lernen, damit er in aller Windeseile den Führerschein machen und Hedy an den Strand fahren kann.

Bald jedoch entwickelt sich eine außergewöhnliche Freundschaft zwischen den Beiden. So lernen wir nicht nur Jans Leben kennen, sondern erfahren auch, wie aus Fräulein Hedy die Frau geworden ist, die sie heute ist.

Familiengeschichten, Krieg und Liebe

Während die Geschichte zunächst in der Gegenwart spielt, und Jan nur als Nebenfigur erscheint, geht ab dem Zeitpunkt, wo Jan das Leben und Schreiben beigebracht bekommt, die Story noch etwas tiefer. Denn, und damit habe ich erst nicht gerechnet, da erzählt Hedy, wer ihre Eltern waren und wo sie aufgewachsen ist. Von der schillernden Zeit der 20er Jahre und den Leiden des Zweiten Weltkriegs wird hier erzählt. Auch wie Hedy Pilotin werden wollte, findet hier einen Platz. Im Gegenzug erfährt Hedy etwas über Jans Leben, der es keinesfalls immer leicht hat.

Insgesamt werden also viele Themen angesprochen:

Feminismus

Eines der wichtigsten Themen ist für mich der Feminismus in dem Buch, denn Fräulein Hedy verkörpert diesen wie keine Zweite. Noch vor einer großen feministischen Bewegung geht Hedy ihren eigenen Weg, hat ihren eigenen Dickkopf und kommt damit weit in ihrem Leben. Sie war und ist eine willensstarke Frau, die zudem klug ist und viel Witz besitzt.

Zweiter Weltkrieg

Dieser spielt ebenfalls eine große Rolle. Obwohl Hedy eine von Pyritz ist und zu eine der angesehensten Familien in ihrer Umgebung gehörte, machte der Krieg auch vor ihr nicht Halt. Verlust, Angst, Überlebenskampf, aber auch Mut, Hoffnung und Liebe – all das macht Hedys Erfahrung aus, von der hier natürlich nicht zu viel verraten werden soll.

Familie

Ein drittes großes Überthema sind familiäre Beziehungen. So steht hier zum einen Jan im Vordergrund, der mit seinem Bruder nicht nur strahlende Zeiten durchlebt und zum anderen lernen wir Hedys Familie besser kennen. In der Gegenwart ist vor allem ihre Beziehung zu ihrer Tochter Hannah spannend zu verfolgen.

Schreibstil und persönliche Einschätzung

„Sie wissen erst, wer Sie sind, wenn Sie wissen, was Sie tun, wenn niemand hinschaut.“

Nachdem ich „Die letzten ihrer Art“ von Maja Lunde zu Ende gelesen hatte, war ich sehr glücklich, dass dieses Buch um Einiges fröhlicher anfing. Besonders der Schreibstil fiel mir sehr positiv auf. Ich habe mich schnell in das Buch hineingefunden, es las sich sehr flüssig und das beste daran war für mich der feine Humor, den Fräulein Hedy ausstrahlt. Sie mag zwar alt sein und auf Ordnung bestehen, doch schon allein ihre verrückte Anzeige und der Umgang mit Menschen zeigen sehr schnell, wie viel Klugheit, Humor und Witz in ihr stecken.

Eine der besten Szenen? Hedy, die Hannahs beauftragte Psychologin in Grund und Boden analysiert und sich ein geniales Wortgefecht mit ihr leistet. Da habe ich gelacht wie an keiner anderen Stelle!

Aber natürlich kommen auch die Tränen im Buch nicht zu kurz, wie bereits am Anfang des Textes angekündigt. Hedys Vergangenheit sowie Jans Gegenwart laden zum Nachdenken ein und haben bei mir die eine oder andere Träne fließen lassen.

Mein einziger kleiner Kritikpunkt sind die vielen Themen, die im Buch angesprochen werden. Die Mutter-Tochter-Beziehung zu Hannah ist ein bisschen unausgegoren und auch die Einflechtung von Drogen, Bandenkriminalität und Sterbehilfe hätte meiner Meinung nach nicht sein müssen. Klar, das sind alles wichtige Themen, aber leider zu viel, um sie in einem Roman angemessen ausführlich zu behandeln. Das tut allerdings dem Buch insgesamt keinen Abbruch, denn ich mochte es sehr zu lesen!

Fräulein Hedy träumt vom Fliegen“ von Andreas Izquierdo kann ich daher allen empfehlen, die von Feminismus an einem fiktiven Beispiel lesen wollen (das gar nicht mehr so fiktiv ist, wenn man betrachtet, dass es damals einige weibliche Pilotinnen gab, die genau das erlebten, was Hedy beschreibt), und die gerne einen feinen Schreibstil mit klugem Humor mögen.

Viel Spaß beim Lesen wünscht
Jacqui

Meine Bewertung im Detail

Handlung ♥♥♥♥♡

Charaktere ♥♥♥♥♥

Sprache ♥♥♥♥♥

Emotionen ♥♥♥♥♥

Gesamt: 4,75/5

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