(Hör)Buchrezension: Mariana Leky – Was man von hier aus sehen kann

Mariana Leky: Was man von hier aus sehen kann

Autorin: Mariana Leky  
Titel: Was man von hier aus sehen kann
Anbieter: Tacheles! / Roof Music
Erscheinungsdatum: 27.07.2017
Dauer: 8 Std 2 Min

Wie bei Büchern gibt es manchmal diese Hörbücher, die einen voll und ganz einnehmen, die einen schon allein wegen ihrer Sprache umhauen. Ich hätte es nicht erwartet, aber Mariana Lekys Roman „Was man von hier aus sehen kann“, ist genau eines dieser Hörbücher. Hätte ich nicht noch so viel anderes zu hören, dann hätte ich wohl direkt noch mal von vorne angefangen…

Worum geht’s?

Ein Dorf im Westerwald. Luise wächst wegen der andauernden Ehekrise ihrer Eltern vor allem bei ihrer Großmutter Selma auf. Selma ist besonders, denn wenn sie von einem Okapi träumt, diesem seltsamen Tier zwischen Giraffe, Zebra und Pferd, dann stirbt jemand im Dorf. Wenn das mal wieder geschieht, haben alle Angst und sind umso dankbarer, wenn sie verschont bleiben – bis das normale Leben wieder Einzug hält und man sich über die Kleinigkeiten beschwert.

In drei Teilen begleiten wir Luisa durch ihr Leben. Im ersten Teil ist sie noch ein Kind und mit ihrem besten Freund Martin stets unterwegs. Luisa lernt von Großmutter Selma und dem stets als „Der Optiker“ bezeichneten Freundes von Selma des Leben kennen. Sie bringen ihr Radfahren und das Schwimmen bei und sind wohl mehr Eltern für sie als die eigentlichen Eltern. In Teil zwei ist Luise eine junge Frau, dort lernt sie auch Frederik, den Mönch, kennen und lieben. Im dritten Teil ist sie eine erwachsene Frau und auch da begleiten wir sie wieder ein Stück weit in ihrem Leben. Was die drei Teile außer den wiederkehrenden Figuren gemeinsam haben? In jedem Teil stirbt jemand aus Luises Leben…

Zwischen Lachen und Weinen

Was man von hier aus sehen kann“ ist wohl das, was man einen Dorfroman nennen kann. Das hört sich langweiliger an, als es ist, denn ich hab mich zumindest wunderbar unterhalten gefühlt und nach dem, was ich bei anderen Rezensenten so gelesen habe, geht es vielen ähnlich.

Die Figuren wurden von der Autorin zum Teil überzeichnet dargestellt, doch keinesfalls so, dass man denken könnte, die Figuren seien nicht echt. Für mich waren sie so lebendig, als würden sie in meinem Dorf, in dem ich wohne, leben. Da gibt es die pessimistische Frau, die alles schlecht redet, die Klatschtante, den hilfsbereiten älteren Mann, diejenige, zu der jeder kommt, um Hilfe zu bekommen und es gibt die Eltern, die in einer Beziehungskrise stecken. Jeder kennt jeden, jeder hilft sich – oder meidet sich.

Dann gibt es noch die Freundschaften. Die Freundschaft zwischen Luise und Martin, später zwischen Luise und Frederik. Die Freundschaft zwischen Selma und dem Optiker und die zwischen Martins Vater und allen anderen Dorfbewohnern, auch wenn diese sich erst später im Buch entwickelt.

Lieb gewonnen habe ich vor allem Selma, den Optiker und Martins Vater. Selma ist einfach eine starke, unabhängige Frau, die auch im Alter vieles allein packt und ihre eigene Meinung immer vertritt. Dennoch wird sie von den meisten Menschen gemocht und sie ist für jeden da, der ihre Hilfe braucht: eine unglaublich tolle, ältere Dame! Dazu ist sie oft so wunderbar ironisch. Der Optiker hat mich hingegen mit seiner Güte und seiner Liebe zu Selma beeindruckt. Jeder weiß, dass er Selma liebt, doch er hält sich – für sie – sein Leben lang zurück. Es kann einen manchmal aufschreien lassen, aber andererseits ist es auch unglaublich süß von ihm. Zuletzt hat mich auch Martins Vater überzeugt. Während er zunächst ein unglaubliches Ekelpaket ist, findet nach einem tragischen Verlust ein Wandel statt und er wird zu dem Mann, der wohl schon immer in ihm gesteckt hat, den er aber noch nie herausgelassen hat. Sehr bemerkenswert.

Generell hat mich das Hörbuch oft lachen, aber auch weinen lassen. Es steckt immer wieder eine tolle Komik darin trotz der schweren Thematik des Todes.

Der Schreibstil

Zuletzt muss ich natürlich unbedingt natürlich den Schreibstil erwähnen, der auch durch die Sprecherin Sandra Hüller unglaublich gut zur Geltung kam.

Diesbezüglich hat mich der Roman wohl doch am meisten überrascht. Selten habe ich in letzter Zeit ein Buch gelesen oder gehört, das mich mit seinem feinen Schreibstil so sehr überzeugen konnte!

Mariana Leky hat ein wahnsinniges Gespür für Wortspiele, die niemals überladen wirken, sondern einen immer wieder Lächeln lassen aufgrund der Sinnzusammenhänge, die zwischen bestimmten Worten und Ideen hergestellt werden. Mein Literatur- und Sprachwissenschaftsherz hat das eine oder andere Mal einen Sprung gemacht, wenn wieder so ein wunderbar ausgefeilter Satz vorkam.

Sandra Hüller hat als Sprecherin den Ton des Buches zudem besonders toll getroffen. Während mir am Anfang ihre Art zu sprechen fast ein wenig gelangweilt erschien, hat sich das Minuten um Minute gebessert. Sie hat eine ruhige Art des Sprechens, unaufgeregt, genau wie das Buch. Denn „Was man von hier aus sehen kann“ will nicht mitreißen und fordert einen nicht zum Mitfiebern auf, sondern es will uns eine herzerwärmende Geschichte in einem kleinen Dorfkosmos erzählen – und genau das hat es meiner Meinung nach, als Buch und als Hörbuch.

Ich kann daher nur meine wärmste Empfehlung für dieses Buch und das Hörbuch aussprechen!

Nun bist du dran: Kennst du das Buch oder noch andere Geschichten von Mariana Leky? Erzähle es mir gerne in den Kommentaren!

Meine Bewertung im Detail

Handlung ♥♥♥♥♥

Charaktere ♥♥♥♥♥

Sprache ♥♥♥♥♥

Emotionen ♥♥♥♥♥

Gesamt: 5/5

3 Kommentare zu „(Hör)Buchrezension: Mariana Leky – Was man von hier aus sehen kann

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