Buchrezension: Claire Keegan – Foster

Claire Keegan - Foster

Autorin: Claire Keegan
OT: Foster
Erschienen: 2022 in London: Faber & Faber Limited
Seiten: 88

Lest ihr gerne auch mal Kurzgeschichten oder Novellen? Zuletzt habe ich die Novelle „Foster“ von der irischen Autorin Claire Keegan geschenkt bekommen. Mit 88 Seiten kann man dieses schmale Büchlein wundervoll an einem ruhigen Nachmittag lesen. Und dabei gleich eine neue wundervolle Autorin entdecken.

Worum geht’s?

Ein Mädchen wird eines Tages von ihrem Vater ohne jede Vorwarnung nach Wexford gefahren. Dort soll das Mädchen bei Pflegeeltern aufwachsen, denn ihre leibliche Mutter bekommt ein weiteres Kind. Bei seinen Pflegeeltern erfährt das Mädchen so viel Liebe und Zuneigung, wie sie es bisher nicht kannte. Doch schnell gerät diese Idylle leider in Gefahr.

Ruhige Geschichte

Die kurze Geschichte wird aus der Sicht des Mädchens erzählt. Wir erfahren, wie es sich langsam einlebt bei den Kinsellas und wie sie in das Leben der beiden Erwachsenen integriert wird. Sie hilt bei den Aufgaben im Haus mit, geht mit Mr. Kinsella auf das Irische Meer hinaus oder begleitet ihre Pflegemutter Mrs. Kinsella bei einem Shoppingausflug. All diese Erlebnisse, die wie Kleinigkeiten scheinen, sind in den Augen des Mädchens Momente, die sie noch mehr mit ihren Pflegeeltern zusammenschweißt.

Mit seinen 80 Seiten ist das Buch schnell ausgelesen, doch auf diesen Seiten entwirft die Autorin Claire Keegan eine Welt für sich. Wer Irland kennt, wird die weiten grünen Felder, den wilden Ozean, das rurale Leben ein Stück weit kennengelernt haben. Die Autorin transportiert genau diese Bilder und dieses Gefühl in ihrer Geschichte. Die Welt erscheint in den Augen des kleinen Mädchens riesengroß.

Und obwohl das Mädchen noch sehr jung zu sein scheint, hat sie schon so unglaublich viel erlebt – und vor allem Abneigung erfahren, was sich in ihren Gedankengängen immer widerspiegelt:

“This water is cool and clean as anything I have ever tasted: it tastes of my father leaving, of him never having been there, of having nothing after he was gone”. (S. 23)

Das ein oder andere Mal möchte einem schier das Herz brechen, wenn man diese Aussagen liest, denn natürlich sollte sich kein Kind so fühlen müssen. Zwar erfährt das Mädchen bei den Kinsellas ein trauriges Geheimnis – doch letztendlich sind die beiden Menschen für sie mehr Eltern als ihre leiblichen Eltern es jemals waren.

Das komplette Buch wird trotz der schweren Thematik so ruhig und bedächtig erzählt; man möchte am liebsten selbst in einem Cottage in der irischen Landschaft sein und diese Geschichte lesen. Die Ruhe transportiert sich in jedem Satz und zwischen den Zeilen. Mit „Foster“ habe ich ein neues Lieblingsbuch hinzugewonnen und womöglich auch eine neue Lieblingsautorin. Ich freue mich schon, weitere Werke von ihr kennenzulernen!

Informationen:

„Foster“ ist 2009 bereits erschienen und hat den „Davy Byrnes Short Story Award“ gewonnen. 2010 erschien die Geschichte in The New Yorker. 2022 wurde die Geschichte in etwas längerer Form herausgebracht (also in Form des Buches, das ich gelesen habe). 2021 wurde die Geschichte außerdem unter dem Namen An Cailín Ciúin verfilmt.

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