Buchrezension: Anika Landsteiner – Leben wird aus Mut gemacht

Anika Landsteiner - Leben wird aus Mut gemacht

Autorin: Anika Landsteiner
OT: Leben wird aus Mut gemacht. Wie eine 84-jährige Frau mich inspirierte, ein Jahr voller Herausforderungen zu leben.
Erschienen: 2019 in München: Wilhelm Goldmann Verlag
Seiten: 280

Lest ihr gerne Bücher über persönliche Erfahrungen? Ich habe sie immer mehr lieben gelernt, gerade, wenn es um solche Themen geht, aus denen ich selbst noch einiges mitnehmen kann. So habe ich nun in der letzten Woche „Leben wird aus Mut gemacht“ von Anika Landsteiner verschlungen und war froh, dass ich noch ein anderes Buch hatte, das ich zeitgleich las, denn sonst hätte ich es wohl viel zu schnell ausgelesen, so gut war es. 

Worum geht’s?

Die Autorin lernt eine 84-jährige Dame, Emma, kennen. Sie nimmt Kontakt zu der Autorin auf und schnell reden die beiden Frauen über die Lebensgeschichte der alten Dame. Dabei kommen auch wieder einige außergewöhnliche Wünsche in Anika hoch, die sie gerne in ihrem Leben verwirklichen möchte. Doch warum warten? Sie nimmt sich vor, in diesem Jahr sieben Wünsche anzugehen, die ihr viel Mut abverlangen. Mit Emma, deren Lebensgeschichte ebenfalls im Buch erzählt wird, tauscht sich die Autorin immer wieder aus. 

Familie und Reisen

Das erste Abenteuer, das die Autorin angeht, ist die eigene Familiengeschichte. Sie fängt selbst an zu recherchieren, doch bemerkt, dass sie irgendwann an die Grenzen des Internets stößt. Also springt sie über ihren Schatten und sucht sich Hilfe. Mit verschiedenen Menschen tritt Anika in Kontakt und unternimmt sogar eine Reise nach Tschechien auf die Spuren ihrer Vorfahren. So hat sie unglaublich viel erfahren, sogar über Menschen, die bereits vor über hundert Jahren gelebt haben. 

Parallel erfahren wir, wie Emma aufgewachsen ist. Dass sie von ihren leiblichen Eltern weggegeben wurde und eine liebevolle Familie gefunden hat, diese aber leider wieder verlassen musste. Bereits in jungen Jahren hat sie schon unglaublich viel erlebt, was sie bis heute prägt. 

Ich habe mich in dem Kapitel auch wiedergefunden. Ich weiß, dass meine Oma und ihre Familie bereits Ahnenforschung betrieben haben und das hat mich daran erinnert, dass ich sie darauf auf jeden Fall einmal ansprechen sollte. Ich weiß, dass meine Vorfahren zum Teil aus Ostpreußen kommen und wie spannend wäre es zu wissen, wie diese Menschen aufgewachsen sind und ob es vielleicht sogar Gemeinsamkeiten gibt? Auf jeden Fall möchte ich das nicht in Vergessenheit geraten lassen. 

Das zweite Abenteuer ist eine Reise, die die Autorin ganz allein unternimmt. Wir kennen es – im Urlaub machen wir oft Bilder von den allerschönsten Momenten, um diese dann auf Social Media zu teilen. Die Autorin nimmt den Urlaub zum Anlass, ihn ganz für sich allein zu erleben, ohne Internet und ständige Dokumentation mit dem Handy. Der Urlaub wird für sie ein ganz besonderer: Sie besucht den Burning Man, ein Festival in der Nähe von San Francisco. Dort knüpft sie ganz besondere Beziehungen zu Menschen, lebt für einige Tage im Van und hält sich an ihr Vorhaben, alles mit Leib und Seele zu erleben, ohne Dokumentation mit dem Handy oder in einem Tagebuch. 

Tod und Schweigen 

Der Tod ist das dritte Abenteuer. Manche von uns kennen es vielleicht: Dass wir vielleicht gar nicht so große Angst vor dem eigenen Tod haben, sondern davor, dass andere Menschen, die wir liebhaben, sterben könnten. Dazu zähle ich mich ebenfalls. Die Vorstellung, dass ein geliebter Menschen womöglich sogar plötzlich geht, ist fast unerträglich. Umso mutiger finde ich es, dass die Autorin sich mit einem Rechtsmediziner und einer Pfarrerin in Verbindung setzte, um über das Thema zu reden und wie die Menschen, die beruflich täglich damit zu tun haben, damit umgehen. Noch spannender fand ich die Frage, wie verschiedene Kulturen mit dem Thema Tod umgehen. So ging Anika nach Indien, um dort mehr über die Sterbekultur herauszufinden. Sie lernte, wie man in Indien um nahestehende Menschen trauerte und fand dadurch selbst Trost und einen Zugang zu dem Thema. 

Letzten Endes ist es sicherlich gut, wenn sich jeder mit dem Thema Tod einmal auseinandersetzt. Wichtig ist es auch, wenn man selbst Verlustängste hat, mit diesen in Zukunft besser umgehen zu können. Nach Indien werde ich demnächst wohl nicht reisen, aber die Anregungen aus dem Buch sind wunderbar, um selbst einmal ins Denken zu kommen. 

Die vierte Reise führte sie in Indien in ein Ashram, in dem sie eine Woche verbrachte, um dort das Schweigen zu lernen und zu lernen, wann Kommunikation sogar überflüssig sein kann. Der Tag beinhaltete viel Meditation, Yoga, Wanderungen und Workshops. Die Autorin hat sich das Ziel gesetzt, das Schweigen durchzuziehen, auch wenn es am Nachmittag gestattet war, zu reden. 

Die Autorin hat Recht, wenn sie sagt, dass in es in unserem Leben kaum Stille gibt. Haben wir Stille um uns, machen wir Musik an. Wir essen beim Fernsehen, gehen Joggen mit einem Podcast auf den Ohren und hören in der Wanne ein Hörbuch. Viele Menschen können Stille nicht ertragen, denn dann hört man die eigenen Gedanken und ist gezwungen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Gewissermaßen betäuben wir uns also tagtäglich. Darin habe ich mich wiedergefunden. Ich würde sagen, dass ich Stille ganz gut ertragen kann, aber selten suche ich sie aktiv. Ich bin gerne für mich, aber trotzdem habe ich dann gerne Musik oder ein Hörbuch um mich. Umso besser, in einem Ashram einmal das Schweigen zu lernen… und zu sehen, dass viele Kommunikation wenig sinnstiftend ist. Man muss das Schweigen nicht unterbrechen, um anderen zu sagen, dass einem kalt ist, das mal als Beispiel. So merkt man, was am Ende nur Kommunikation ist, um sich selbst mitzuteilen. Doch die Autorin lernt auch, dass es manchmal gut ist, seinen Instinkten zu vertrauen. So unterbrach sie ihr Schweigen für ein schönes Gespräch, das sich in diesem Moment einfach richtig angefühlt hat. 

Roadtrip mit Papa und dem 18-jährigen ich gegenübertreten 

Unglaublich mutig fand ich das Abenteuer, in dem sie einen Roadtrip mit ihrem Vater unternommen hat. Die Kommunikation zwischen ihr und ihrem Vater lief nicht immer gut – Zeit also, sich einmal bewusst Zeit füreinander zu nehmen. Ein Festival in Österreich und ein Aufenthalt in Prag sollte den beiden die Gelegenheit geben, auch unaufgearbeitete Dinge einmal zur Sprache zu bringen. 

Das hat mich sehr inspiriert und ich fand es sehr mutig. So viel Zeit miteinander zu verbringen, kann sehr explosiv oder auch enttäuschend sein. Und doch würde ich es auch gerne einmal machen. Mein Vater und ich kommunizieren ebenfalls nicht so viel und ich würde mir wünschen, dass er öfter Interesse an dem zeigt, was mich bewegt. Das Interesse hat er vielleicht sogar, aber kann das nicht wirklich ausdrücken… mich würde interessieren, wohin uns so eine Reise zu zweit führen würde. 

Spannend war auch das sechste Abenteuer, in dem die Autorin ihrem 18-jährigen Ich gegenübergetreten ist. Oh, was habe ich mich darin wiedergefunden… mit 18 wusste ich auch noch nicht, was ich vom Leben möchte, wo ich stehe und was aus mir werden soll. Die Autorin hat damals nach der Schule ein Jahr gebraucht, in dem sie sich selbst finden kann und in dem sie den Mut fasst, anderen zu sagen, was sie wirklich begeistert: die Schauspielerei. Wie schön, dass sie es geschafft hat, diesen Weg zu verfolgen und mutig zu sein! 

Bei mir war es so, dass ich gerne mehr Mut gehabt hätte. Dass ich mir auch einfach erst mal nach der Schule eine Auszeit genommen hätte, um mich selbst zu finden und zu wissen, was ich im Leben überhaupt will. Stattdessen habe ich mich ins Studium gestürzt in der Hoffnung, dass das alles währenddessen schon von allein kommt. Heute würde ich mein früheres Ich umarmen, und ihr sagen: Nimm dir die Zeit, es muss nicht alles sofort sein. Sei mutig, probier dich aus und verstecke dich nicht!

Emma ist in dieser Hinsicht auch wieder eine sehr inspirierende Frau gewesen. Als sie 18 war, war es natürlich noch einmal eine ganz andere Zeit. Und obwohl sie die Möglichkeit hatte, als exzellente Stenographin mit einem Kabarettisten nach Amerika zu gehen, ist sie lieber die Leiterin einer Schokoladenfabrik geblieben, weil sie bereits wusste, dass sie genau das möchte. Was für eine starke Frau!

Das letzte Abenteuer: Briefe ins Gefängnis

Im letzten Abenteuer nimmt die Autorin Kontakt zu einer Organisation auf, die einen an einen verurteilten Mörder im Todestrakt in den USA vermittelt. Die Insassen können sich an die Organisation wenden, um Menschen zu finden, die ihnen regelmäßig Briefe schreiben, vor allem, wenn sie sonst keine Familie mehr haben, die mit ihnen noch in Kontakt stehen möchte. So wird Anika an Richard vermittelt, einem Mann im Todestrakt in Texas. Es war unglaublich spannend, von ihren Erfahrungen und ihre Einschätzungen zu lesen und vorurteilsfrei an die Kommunikation zu gehen, indem sie erst einmal nicht recherchierte, was dem Mann angelastet wurde. Ich glaube, dass sie und Richard eine ganz interessante Beziehung aufgebaut haben in dieser Zeit und dass sie ihm ein wenig Halt in einem schweren Leben gibt, indem sie regelmäßig Briefe schreibt.

Ich weiß nicht, ob das generell etwas für mich wäre, aber ich werde auf jeden Fall noch mal genauer über das Thema nachdenken. Es ist schließlich eine tolle Chance, Barrieren zu überwinden, so wie auch das Kapitel heißt. In jedem Fall erfordert es viel Mut.

Abschließende Worte

Insgesamt erwarten einen also sieben spannende Abenteuer aus einem Jahr der Autorin, in denen ich mich häufig mit meinen eigenen Wünschen wiedergefunden habe. Toll fand ich es, wie sie immer wieder Emmas Erfahrungen in das Buch eingewoben hat und wie man gemerkt hat, dass Anika und Emma eine besondere Freundschaft in dieser Zeit aufgebaut haben. 

Die Autorin hat einen wunderbaren leichten, flüssigen und herzlichen Schreibstil. Wie gesagt, hätte ich nicht noch ein anderes Buch gelesen, hätte ich es wohl super schnell verschlungen. Ich freue mich schon jetzt auf weitere Bücher von Anika Landsteiner, ich habe bereits einige im Auge, die mir auch schon von anderen Bloggerinnen empfohlen wurden. ☺ 

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